Straßenbild Oradea, Rumänien ((c) A. Kaltenbrunner)

Ihr Fach gehört zu den sogenannten kleinen Fächern. Bitte stellen Sie uns Ihr Fach in wenigen Sätzen vor.

An der Universität Regensburg wird Südosteuropastudien im Rahmen des interdisziplinären Bachelorstudiengangs studiert, ein Studiengang, der sich mit der Geschichte, Anthropologie und Linguistik Südosteuropas befasst. Dabei werden historische und aktuelle Perspektiven miteinander verbunden, um ein tiefgehendes Verständnis der Region zu verleihen. Es stehen den Studierenden die folgenden Sprachen, die im Studiengang integriert sind, zur Auswahl: Bosnisch/Serbisch/Kroatisch, Albanisch oder Rumänisch. Als Studiengangskoordinatorin sehe ich, wie die Interdisziplinarität des Faches geschätzt wird. Die Studierenden haben damit nicht nur die Möglichkeit die Geschichte und Kultur der südosteuropäischen Länder kennenzulernen, sondern auch die verschiedenen Sprachfamilien und anthropologischen Fragestellungen, die mit der Region verbunden sind.

Welche Rahmenbedingungen an Ihrem Fachstandort wirken sich wesentlich auf Ihre Lehr- und Forschungspraxis aus? Wie beurteilen Sie diese? Welche Bedeutung haben außeruniversitäre (Forschungs-)Institute für Ihr Fach?

Die Rahmenbedingungen in Regensburg sind ideal für eine exzellente Lehr- und Forschungspraxis in den Südosteuropastudien. Dank der engen Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS), einer außenuniversitären Forschungseinrichtung, wird die akademische Expertise und die interdisziplinäre Zusammenarbeit gefördert, was sowohl für die Studierenden als auch für Forschende ideal ist. Das Projekt "seeFField" (A small but fertile field) (2022-2029) stärkt die Position Regensburgs als führenden Standort der Südosteuropastudien durch internationale Kooperationen, Nachwuchsförderung und das Einbinden von WissenschaftlerInnen aus der Region. Die finanzielle Unterstützung durch die Volkswagen-Stiftung ermöglicht langfristige und nachhaltige Entwicklungen im Bereich der Lehre und Forschung. Die Graduate School for East and Southeast European Studies (GSOSES) bietet hervorragende Möglichkeiten für die Ausbildung von Nachwuchswissenschaftler*innen.

Was spricht Ihres Erachtens dafür oder dagegen, dass Ihr Fach in der Öffentlichkeit und innerhalb des deutschen Hochschulsystems angemessen wahrgenommen wird?

Neben der interdisziplinären Bedeutung und die Verankerung des Faches in den Area Studies, ist ein weiteres Argument für die Wahrnehmung des Fachs selbstverständlich die strategische Bedeutung Südosteuropas in der heutigen geopolitischen Landschaft. Das zunehmende Interesse an dieser Region, insbesondere im Kontext von EU-Erweiterung, Migration und politischen Umbrüchen, zeigt, wie relevant das Fachgebiet in der internationalen Forschung und Politik ist.

Jedoch wird das Fach in der breiten Öffentlichkeit und innerhalb des deutschen Hochschulsystems oft nicht ausreichend wahrgenommen, da es sich um ein spezialisiertes Fach handelt, das nicht immer in die gängigen, etablierten Disziplinen passt. Südosteuropa-Studien werden oft als Randdisziplin wahrgenommen und können gegenüber größeren, etablierten Fächern ins Hintertreffen geraten. Darüber hinaus ist die Region in der breiten Öffentlichkeit oft weniger präsent, da sie nicht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht, wie z. B. Westeuropa oder Nordamerika. Dies erschwert die Sichtbarkeit des Fachs.

Haben Sie den Eindruck, dass die Vernetzung mit anderen Fächern einen Mehrwert für Ihr Fach bedeutet? Welche Kooperationsformen sind in diesem Zusammenhang für Sie interessant und mit Blick auf Ihren Fachgegenstand besonders geeignet?

Absolut, wie erwähnt sind die Südosteuropastudien ein interdisziplinäres Fach, also von vornherein arbeiten vier Fächer, Geschichte, Sozialanthropologie, Slawistik und Romanistik eng zusammen. Die Kooperation spiegelt sich in gemeinsamen Lehrveranstaltungen und Projekten wider.

Wie sehen Sie die Zukunft Ihres Faches? Welche Entwicklungen und Herausforderungen zeichnen sich für Sie ab? Was wäre Ihres Erachtens für eine positive Entwicklung Ihres Fachs hilfreich?

Die Zukunft der Südosteuropastudien birgt sowohl Chancen als auch Herausforderungen.

Weitere finanzielle Mittel: Mehr Forschungsprojekte gewinnen, Stipendien um die Qualität und Reichweite des Fachs zu sichern.

Das Fach wird weiterhin engere Kooperationen anstreben.  Partnerschaften mit anderen Universitäten, Forschungsinstituten und Organisationen sowohl in Südosteuropa als auch international könnten den Wissenstransfer und die Vernetzung stärken.

Förderung der Mehrsprachigkeit: Der Fokus auf Sprachkompetenz ist für die Erforschung der Region entscheidend.

Stärkung der Öffentlichkeitsarbeit: Südosteuropastudien könnten durch eine aktivere Rolle in öffentliche Diskussionen einen höheren Stellenwert gewinnen und somit ihre Relevanz betonen.

Andreea Kaltenbrunner ((c) A. Kaltenbrunner)

Andreea Kaltenbrunner ist akademische Rätin am Lehrstuhl für Geschichte Südost- und Osteuropas an der Universität Regensburg und fungiert dort als Koordinatorin des Studiengangs Südosteuropastudien. In ihrem Habilitationsprojekt widmet sich Frau Dr. Kaltenbrunner transnationalen Verbindungen des Antisemitismus im Russischen Reich, in Österreich-Ungarn und Rumänien. Ihre weiteren Forschungsschwerpunkte umfassen die Geschichte Ost- und Südosteuropas im 19. und 20. Jahrhundert, postimperiale Nations- und Staatsbildungsprozesse sowie Fluchtbewegungen während und nach dem Ersten Weltkrieg. Weitere Informationen